Warum die Kenia-Koalition in keinem guten Zustand ist
Warum die Kenia-Koalition in keinem guten Zustand ist
Um den Frieden innerhalb der Regierungskoalition aus CDU, SPD und Grünen (der so genannten Kenia-Koalition) ist es seit längerer Zeit nicht gut gestellt. Die Gründe dafür sind vielfältig und ich möchte Ihnen in diesem Artikel meine Ansicht zum Zustand der Koalition und mögliche Folgen daraus erläutern.
Frieden um jeden Preis? Warum die SPD jetzt reagieren muss!
Wer mich kennt weiß, dass ich für gewöhnlich durchaus pragmatisch bin und eher die friedlicheren Töne in der politischen Debatte bevorzuge. Gleichzeitig stehe ich aber auch unbedingt hinter meinen Überzeugungen und setze mich für diese ein.
Das führt dazu, dass auch ich in bestimmten Situationen deutliche Worte verwenden muss. Eine solche Situation ist nun eingetreten.
Viele von uns erinnern sich noch an die teilweise von rechtsextremen gekaperten Demonstrationen im vergangenen Jahr in Köthen oder Chemnitz. Gewaltbereite rechte Chaoten, die die Auflösung unserer Demokratie fordern, skandierten dabei in Sprechchören immer wieder die Parole „Frei, sozial und national!“. Die Parole ist als klare Anlehnung an den Nationalsozialismus der Jahre 1933-45 zu verstehen.
Wenn nun zwei stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU in Sachsen-Anhalt in einer sogenannten „Denkschrift“ fordern, die Worte „sozial“ und „national“ wieder zu versöhnen, empfinde ich das als geschichtsvergessen.
Wir alle wissen, dass Sprache unsere Realität beeinflusst, und ich bin davon überzeugt, dass die beiden langjährigen Mitglieder des Landtages sich der Wirkung ihrer Worte von Anfang an bewusst waren. Diese Aussagen wurden mit voller Absicht so gewählt, wie sie geäußert wurden.
Die Spitze der CDU muss sich klar äußern, anstatt nur auf Beschlüsse zu verweisen
Die sogenannte „Denkschrift“ fordert im weiteren Verlauf, dass sich die CDU in Sachsen-Anhalt in Zukunft gegenüber der AfD öffnen müsse, sie dürfe künftige Koalitionen nicht mehr ausschließen.
Zur Erinnerung: die Rede ist von jener AfD, deren Fraktionsvorsitzender im Bundestag über die Nazizeit als „Fliegenschiss der Geschichte“ spricht und deren stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bundestag gefordert hat, auf Flüchtlinge an der Grenze zu schießen.
Von der AfD, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird und deren in Sachsen-Anhalt sehr starker rechter Flügel gar zum Prüffall erklärt wurde.
Jener AfD, deren ehemaliger parlamentarischer Geschäftsführer im Landtag Seite an Seite mit rechtsextremen auf einer Demonstration in Dresden marschiert ist (Mitteldeutsche Zeitung vom 27.6.2019) und der heute noch nicht dazu steht. Nein, er verkauft die Menschen im Land für dumm und behauptet, er sei nur in der Demonstration mitgelaufen, um Feldforschung zu betreiben. Außerdem sei er noch jugendlich gewesen (Anmerkung des Verfassers: Er war zum damaligen Zeitpunkt 22 Jahre alt). Wer eine Demonstration beobachten will, nimmt nicht an dieser teil. Er beobachtet diese vom Rand aus und hat so auch einen besseren Überblick.
Die Spitze der CDU in Sachsen-Anhalt hingegen distanziert sich nicht deutlich von den Aussagen in der „Denkschrift“ der beiden erfahrenen CDU-Politiker. Sie verweist auf bisherige Beschlüsse der Partei und rät der SPD, „die Klappe zu halten“. Persönlich finde ich dieses Verhalten, insbesondere gegenüber einem Koalitionspartner, empörend!
Als die Kenia-Koalition sich 2016 gegründet hat, geschah dies nicht aus Verbundenheit zueinander. Was uns zusammengeführt hat, war die tiefe Überzeugung, gemeinsam für demokratische Grundwerte zu streiten und Rechtspopulisten entschieden entgegenzutreten. Wenn nun die CDU es nicht schafft, sich von Aussagen, die eine Öffnung hin zu genau diesen Rechtspopulisten fordern, zu distanzieren, haben wir ein Problem. In einer solchen Situation ist es durchaus angebracht, über die Grundlagen einer solchen Koalition nachzudenken.
Persönlich wünsche ich mir nicht, dass die Koalition vorzeitig zerbricht. Ich bin aber auch nicht bereit, über wesentliche Grundsätze hinwegzusehen, nur damit sie hält. Ich erwarte von der CDU im Land daher, sich von den Forderungen einer Öffnung hin zur AfD klar zu distanzieren und den Tonfall gegenüber den Koalitionspartnern zu überdenken.